Kapitel III – 2. Weltkrieg und Wiederaufbau

Krieg und Zerstörung- Das Ende der Blütezeit des GLCBW

Mit Kriegsbeginn im September ging auch die Blütezeit der Berliner Golfszene unweigerlich zu Ende.

Die Plätze in Nedlitz und Westend wurden geschlossen. Einige Mitglieder wie unser späterer vielfacher Clubmeister und sechsfacher Nationalspieler ALFRED EBEL wechselten zwar nach Wannsee über, aber der Spielbetrieb ließ mehr und mehr nach.

Was dann passierte, schilderte später auch ALBERT POENSGEN:

Die vierte und fünfte Bahn, die an die Bahnen sieben und sechs des heutigen Platzes anstoßen, wurden mit Flugabwehrbatterien besetzt (…) 1942 wurde ein Teil des Clubhauses durch eine militärische Formation in Anspruch genommen (…). Platz und Haus blieben, abgesehen von zwei Abwürfen auf freiem Gelände, die keinen Schaden anrichteten, von Bombenwürfen verschont (…). Ende 1944 wurde auf der elften Bahn unweit des Clubhauses ein Tiefbunker gebaut (…) im April 1945 fanden auf unserem Platz Panzerübungen für Volkssturmleute statt…

ALBERT POENSGEN gehörte auch zu den vier Wannsee-Golfern, die sich im November 1946 zusammensetzten, um zu überlegen, ob man trotz der unsagbar schweren Zeiten den Golfsport in Berlin nicht doch wieder zum Leben erwecken könnte. Zusammen mit BETHMANN-HOLLWEG, WILHELM DROSTE, KONRAD GUBALKE und ELISABETH HUTH war man sich über die Tatsache klar, dass eine sportliche Betätigung bestenfalls auf kommunaler Basis möglich sein würde, da die Siegermächte sämtliche Clubs und Vereine verboten und deren Vermögen konfisziert hatten.

Bereits 1945 hatte die amerikanische Armee den zwischenzeitlich von den Sowjets als Pferdeweide genutzten Platz übernommen, es wurden aber nur die oberen 18 Löcher spielbar gemacht.

Für das Gelände am Stölpchensee mit Granattrichtern und Schützengräben gab es kein Interesse von Seiten der US-Armee, und für eine Nutzung der deutschen Golfer existierte überhaupt keine Chance.

Umzug nach Kladow

In dieser hoffnungslosen Situation fiel plötzlich das Stichwort „Kladow“. Die britische Armee hatte den dortigen 6-Löcher-Privatplatz zwar für eine Weile zum Reitplatz umfunktioniert, ihn jedoch später der Verwaltung des Spandauer Bezirksamtes unterstellt. Der Pachtvertrag mit dem für den Ortsteil Kladow zuständigen Spandauer Behörden kam ohne Probleme zustande. Bis man den Platz allerdings in einen halbwegs bespielbaren Zustand gebracht hatte und eine dort vorhandene Garage zum „Clubhaus“ umgebaut hatte, wurde es Frühjahr 1947. Immerhin: Anfang August 1947 konnte die „Sparte Golf im Hauptsportamt Berlin“, wie wir offiziell betitelt wurden, die ersten Wettspiele nach dem Zweiten Weltkrieg veranstalten. War der längste Fairway auch nur 270 Meter kurz, war man sich einig, dass Behelfsgolf“ immer noch weit schöner sei als überhaupt kein Golf. So wurde der Golf- und Land-Club Berlin-Kladow, wie wir uns gern nannten, zu einer konkreten sportlichen Institution.

Tragisch nahm man diese als vorübergehend empfundene Tarnung nicht, schließlich mussten auch die Fußballer von Hertha BSC als „Sportgruppe Gesundbrunnen“ und die von Tennis-Borussia als „Sportgruppe Charlottenburg“ die Bälle treten. Nach der Wiederzulassung der alten Vereinsnamen konnte verstärkt die Zukunft geplant werden. Viele junge Talente schlossen sich dem Club an. Unter ihnen CHRISTA FEAUX DE LACROIX-REUTER und HELGE RADEMACHER. Ende 1949 stiess dann auch FRIEDRICH EILHELM ROSSHOFF zu uns. Als Sekretär des Golfclubs Nedlitz bei Potsdam war sein Name schon vor 1939 in Golferkreisen gut bekannt.

Die Nachkriegsjahre

Unmittelbar nach Ende des unheilvollen Zweiten Weltkrieges waren die US-Streitkräfte in Berlin mit Recht eine Besatzungsmacht. Der Golfplatz in Wannsee, durch den Krieg weitgehend zerstört, von Resten einer deutschen Luftabwehrstellung und einem ausgebrannten sowjetischen Panzer T 34 am 3. Loch verschandelt, wurde von den Amerikanern mit Ausnahme des 9-Loch-Geländes am Stölpchenweg für eigene Golfzwecke übernommen und instand gesetzt. Bis Ende 1946 war es nur ein „Mini“-Golfplatz über 6 Loch, doch schon 1947 konnten alle 18 Bahnen des Geländes Am Schäferberg bespielt werden. An der Stelle des in Schutt und Asche gefallenen deutschen Clubhauses errichtete man unmittelbar neben der Turmruine eine Behelfsbaracke für Caddies sowie eine weitere, weißgetünchte Clubhausbaracke, die im Jahre 1957 durch das bis heute vorhandene zweckmäßig moderne, aber nur bedingt Gemütlichkeit ausstrahlende Clubhaus ersetzt wurde. Bis 1956 konnten deutsche Golfer zunächst gar nicht, später nur ausnahmsweise den „Ami-Platz“ betreten und dort spielen. Doch ohne deutsche Unterstützung beim Golfbetrieb kamen die Amerikaner nicht aus.

Neben zwei Angestellten standen anfangs fünf deutsche Golflehrer – SIEGFRIED KÖNIG, ANJU LACIENEK, ALFRED STIEFEL, ADOLF WINKLER und WILHELM ZIMMER – durchgehend vom frühen Morgen bis zum Sonnenuntergang zur Verfügung. Immer präsent war auch eine stattliche Zahl von etwa 100 Caddies aus Babelsberg und Wannsee, die unmittelbar nach der Währungsreform als Lohn für das Tragen der Golftasche über eine Runde in Klasse A 3 DM und Klasse B 2,50 DM erhielten. Aber viel bedeutender waren das Trinkgeld und Nebeneinnahmen aus Tauschgeschäften z.B. für gefundene Golfbälle. Jeder Caddy hatte seinen Lieblingsspieler und hoffte ein paar Zigaretten oder eine Tafel Schokolade. Nicht wenige Amerikaner hatten persönliches Mitleid und sorgten vor allem in der schweren Nachkriegszeit dafür, dass Hot Dogs, Hamburger und Candy Bars durch die Hintertür der kleinen Snackbar im heutigen Caddymasterhaus herausgeschmuggelt wurden. Das waren Kostbarkeiten, die zu jener Zeit der deutschen Bevölkerung so gut wie unbekannt waren. Unvergessen ist auch der Anblick hungriger Caddies, die im Schatten eines Baumes mit den bloßen Händen amerikanische Eiscreme in ganzen Literportionen verschlangen.

Das Wiedereröffnungsturnier 1953

Daß die Kladower Anlage schnell viel zu eng wurde, versteht sich von selbst. 110 Mitglieder waren Ende 1951 registriert. WILHELM DROSTE als Präsident, sein Vize KONRAD GUBALKE und ALBERT POENSGEN als Ehrenpräsident boten Gewähr dafür, dass der Aufbruch des GLCBW in die sportliche Szene der Berliner Nachkriegszeit ohne Umwege vonstatten ging.

Immer häufiger wurde in der Berliner Presse die Frage aufgeworfen, warum die von den Amerikanern nicht genutzten neun Löcher unseres Platzes dem Verrotten preisgegeben werden sollten. Ende 1950 geschah dann das, was viele Clubmitglieder als „Wunder“ betrachteten., wir bekamen das Gelände am Stölpchensee zurück. Zwei Jahre später, im November 1952, schlug Präsident DROSTE den ersten Ball auf diesem Teil unserer „alten Heimat“.

In Zeitungsarchiven lässt sich nachlesen, die offizielle Eröffnung am 31. Mai 1953 sei ein Ereignis gewesen, dass der Premiere des Platzes am 26. Mai 1926 vergleichbar war. Ein Gastspiel im Golf- und Landclub Berlin-Wannsee gehörte früher zum guten Ton, bald wird es wieder so sein, hieß es im „Abend“. Der Reporter der „Berliner Morgenpost“ merkte an, beim Vorführungsspiel nach neun Bahnen habe er festgestellt, dass Golf kein beschaulicher Spaziergang für ältere Leute sei. Und nicht nur die Fairways und Grüns der neu erstandenen Anlage, sondern auch das neue Clubhaus fanden hohes Lob.

1955 – Erste deutsche Titelkämpfe

Erste Wettspielgäste aus Hamburg-Falkenstein bedeuteten die Erneuerung einer alten Freundschaft. Trotzdem wurde hart um den Sieg gekämpft, der mit 7 zu 6 Punkten an die Hamburger ging. Wer hoffte, dass sich zahlreiche Besuche aus bundesdeutschen Clubs anschließen würden, sah sich allerdings enttäuscht. Die Komplikationen einer Reise zu Lande nach Berlin schreckte viele ab, und auch ein 9-Loch-Platz ist ja nicht jedermanns Sache. Immerhin aber war es für Präsident DROSTE in seinem letzten Amtsjahr eine große Freude, dass 1955 zu den ersten deutschen Titelkämpfen fast die gesamte deutsche Golf-Elite antrat. Übermächtig war die Konkurrenz für unsere an den Start gegangenen Mitglieder. In den Finals blieben die Gäste aus dem Bundesgebiet unter sich. So wie unser Altmeister ALFRED EBEL an WERNER TEICHMANN aus Garmisch und WOLFDIETER BENEDIX am FREIHERRN VON THÜNA scheiterten. So hatten auch bei den Damen CHRISTA FEAUX DE LACROIX gegen VERA MÖLLER aus Hamburg und ELISABETH HUTH gegen die spätere Meisterin ELISABETH BUCKUP nach hartem Kampf ein Nachsehen.

Die Entwicklung der amerikanischen Blütezeit

Mit der Fertigstellung des neuen Clubhauses ging in Wannsee das Provisorium zu Ende. Vom Jahr zu Jahr wurden auch die Bestimmungen gelockert, die zunächst das Bespielen des Platzes durch deutsche Golfer auf Einzelfälle beschränkt hatten. Immer mehr entkrampfte sich das gegenseitige Verhältnis, und nach strenger Prüfung jedes Antrages durfte schließlich sogar ein kleines Kontingent von Deutschen die Mitgliedschaft im US-Club erwerben. Bezahlt wurde in harten Dollars im Kurs von anfänglich 1 : 4,20 DM. Die „Scripts“ der ersten Nachkriegszeit, die kein Deutscher auch nur hätte anfassen können, gehörten der Vergangenheit an. Auch im persönlichen Verhältnis zueinander stellte sich mehr und mehr eine aufgeschlossene Sportkameradschaft ein, allerdings noch bei Wahrung der „grundsätzlichen Unterschiede“. Deutsche Golfer durften zunächst nur eingeschränkt an Clubwettspielen teilnehmen. Vom Gewinn der Clubmeisterschaft waren sie viele Jahre von vornherein ausgeschlossen. Sehr zum Leidwesen der damals besten Spieler WILHELM KRUSE und WOLFGANG TAEGENER.

Schon früh aber konnten ganz allgemein Berliner Golfer amerikanisches Golf der Extraklasse bestaunen. Jahrzehnte bevor ein BERNHARD LANGER am deutschen Golfhorizont auftauchte und als es in deutschen Sportgeschäften und Warenhäusern noch keinen einzigen Golfartikel zu kaufen gab, kämpften die Spitzenamateure der verschiedenen Militärstandorte in Westeuropa in Wannsee bei den alljährlichen Europameisterschaften von Army und Air Force um die Qualifikation für die Militärweltmeisterschaft. Die Scores der Gewinner über 72 Löcher lagen meist knapp über 280. Auch der Berliner US-Club hatte häufig seinen Golf-Star. Klangvolle Namen wie HAROLD ZINK, ATHUR ETTINGER, JOE CASE, später der elegante Texaner JACK FROST und PHIL FAGAN und in der Mitte der siebziger Jahre der Zahnarzt des US-Hospitals DR. BILL NEWTON bürgten für Qualitätsgolf, dem die Berliner Golfgrößen und Nationalspieler ALFRED EBEL, HELHE RADEMACHER, PETER JOCHUMS und ANDREAS COBLER bei einem direktem Vergleich nur schwer etwas entgegensetzen konnten. MAJOR NEWTON war es auch, der 1974 mit 64 Schlägen den letzten Platzrekord aufstellte, und das sogar mit einem Aus-Ball am 11. Loch.

Deutsch-amerikanische Freundschaft

Aus einer Besatzungsmacht wurden wirklich gute Freunde. Sowohl innerhalb des amerikanischen Golfclubs als auch im Verhältnis zu den deutschen Nachbarn im GLCBW stellten sich im Lauf der Zeit immer mehr Entkrampfung, Sportkameradschaft und gegenseitiges Wohlwollen ein. Gemeinsame Wettspiele und gesellschaftliche Veranstaltungen dokumentieren dies ebenso wie die Vielzahl der persönlichen Kontakte zwischen deutschen und amerikanischen Golfern. Viele US-Stadtkommandanten waren ausgezeichnete Golfer und legten großen Wert auf ein freundschaftliches Verhältnis zu den Berliner Golfern im eigenen Club und im GLCBW. Beispielhaft, nicht abschließend, seien die Generäle HAMLETT, WATSON, POLK, FERGUSSON, COBB und YATES auf amerikanischer Seite sowie die jeweiligen amerikanischen Clubpräsidenten und ihr deutsches „Gegenüber“ die späteren Präsidenten des GLCBW BANNING, PROF. ADLER, BUTENUTH, DR. HERLITZ und zuletzt DR. SONNEK sowie die über mehrere Jahrzehnte als unentbehrliche „Verbindungsoffiziere“ tätigen HELGE RADEMACHER und WOLFGANG TAEGENER genannt.

Ein wehmütiges Finale

In den letzten 15 Jahren hat sich schließlich die Struktur des Berlin Golf Club nochmals geändert. Noch immer war das Gesamtbild amerikanisch geprägt. Doch ständig mehr Golfer verfügten über einen Berliner Personalausweis, auch wenn sie auf dem ersten Abschlag durch international angeglichene Sportkleidung, englisches Golfvokabular und von den Amerikanern übernommene unkomplizierte Umgangsformen meistens nicht auf den ersten Blick als solche zu identifizieren waren.

Das gemeinsame Interesse am Freizeitsport Golf, an möglichst vielen Pars und Birdies in sportkameradschaftlicher Verbundenheit ließ Unterschiede der Nationalität immer unbedeutender werden. Der Cluballtag mit organisiertem Damengolf und regelmäßigen Wettspielen für alle Mitglieder war zur absoluten Normalität geworden. Andererseits war es ein bißchen schade, dass gerade die „Verrücktheiten“ golfbegeisterter Amerikaner der Anfangszeit ausgestorben waren. Es gab keine Golfer mehr, die z.B. mit ihrem Chevrolet abends bis an das Puttinggreen heranfuhren, um dort im Scheinwerferlicht bis nach Mitternacht Wettbewerbe zu veranstalten.

Nach dem Fall der Mauer ging alles sehr schnell. Auch wenn das künftige Schicksal des amerikanischen Golfplatzes und der Mitglieder des Berlin Golf Club für kurze Zeit noch von Fragezeichen begleitet war, der Abschied von den Amerikanern rückte unaufhaltsam näher. So war es eines der letzten Zeichen deutsch-amerikanischer Freundschaft, als Soldaten unter der Leitung von GENERAL YATES und der COLONELS BAKER und NELSON den Deutschen noch ein Abschiedsgeschenk in Form von selbst hergestellten Regenschutzhütten und mit Planierarbeiten für erweiterte Golfübungsmöglichkeiten hinter der Driving Range machten.